5 Tipps für das perfekte Autoreninterview
Wie man Autoren und Leser begeistert
„Wie bist du eigentlich zum Schreiben gekommen?“ Seit meinem Debütroman Anfang des Jahres habe ich schon erstaunlich viele Interviews gegeben. So viele, dass es einige Fragen gibt, bei denen ich ernsthaft über Textbausteine nachdenke, die ich statt einer Antwort einsetzen kann. Wie bei vielen anderen Autoren ist die kurze Antwort auf die Schreibfrage nämlich: „Ich habe schon immer geschrieben.“ Lesen will das wiederum keiner. Schon gar nicht, wenn das auch die fünfzehn anderen vorgestellten Autoren auf die ein oder andere Art bereits geantwortet haben.
Und da liegt auch schon der Knackpunkt. Interviews sollen ja schließlich gelesen werden und nicht nur Blogger und Autor als Beschäftigungstherapie dienen. Und hin und wieder gibt es sie auch: die Interviews, die mich einfach umhauen, weil die Fragen ganz andere sind. Weil ich das Gefühl habe, dass da auf der anderen Seite wirklich jemand sitzt, der mehr über mich und meine Bücher wissen will, statt mir nur eine Plattform zur Selbstdarstellung zu geben. Was auch eine schöne Sache ist, aber womöglich weniger bringt, als man meinen möchte. Wie man stattdessen gute und spannende Interviews führt, die den Autoren Spaß machen und Leser gespannt bis zum Ende lesen lassen, möchte ich euch mit diesen fünf Tipps zeigen.
1. Weg mit den Standardfragen
Natürlich ist es einfach, sich einen Fragenkatalog zusammenzustellen, den man dann einfach nur ausschicken muss, wenn es soweit ist, aber Standardfragen sind langweilig. Wirklich. Statt interessante Fakten herauszukitzeln und vielleicht was Überraschendes zu erfahren, überlasst ihr damit den Autoren die ganze Arbeit. Denn weil sie nicht zum fünften Mal die gleiche Antwort geben wollen, müssen sie sich jedes Mal etwas anderes einfallen lassen, damit sie dem Leser einen Mehrwert bieten und bei der Beantwortung nicht einschlafen.
Beispiele dafür sind das gefürchtete „Wie bist du zum Schreiben gekommen?“, „Woher bekommst du deine Ideen?“ oder „Wo schreibst du?“. Klar, gibt es auch Autoren, die zufällig eine total spannende Antwort darauf haben, weil sie erst zu schreiben anfingen, als sie zum zehnten Mal ein Klischee in ihrem Lieblingsgenre gelesen haben und es besser machen wollten, oder weil sie immer nur an einem total romantischen See bei Mondschein schreiben. Aber meistens gilt Folgendes: Auf Standardfragen folgen Standardantworten.
Dabei ist es so einfach, schon mit etwas Aufwand aus diesen Standardfragen mehr zu machen.
Schummeltipp: Ihr könnt so eine Standardfrage gerne als Aufhänger gestalten oder zwischendurch mal einfließen lassen. Womöglich hat der Autor ja eine ganz spezielle Antwort. Wenn nicht, darf man Fragen auch wieder rausnehmen.
2. Recherche ist alles
Ja, ich weiß, wir haben alle keine Zeit, aber als Blogger will man von den Autoren ja auch mit einer persönlichen Note angeschrieben werden. Und genauso ist es auch anders rum. Also informiere dich vor dem Interview über den Autor – wir haben fast alle irgendwo eine Autorenbiographie rumschwirren – und lies sein Buch oder finde zumindest so viel wie möglich darüber hinaus.
Nicht nur kannst du mit diesem Wissen aus den Standardfragen spezifische Fragen machen – z.B. „Wie bist du auf die Idee zu dem und dem Plotelement gekommen?“ – dir werden wahrscheinlich so viele Fragen wie noch nie einfallen. Zum Beispiel wurde ich mal gefragt, wie ich, weil bei „Tanz der Feuerblüten“ der Konflikt zwischen Zivilisation und Natur eine Rolle spielt, selbst zum Umweltschutz stehe. Tolle Frage. Da kann ich eine ganze Menge drauf antworten und werde ich sicher nicht bei „Im Bann der zertanzten Schuhe“ gefragt.
Nicht nur, freut sich der Autor darüber, dass jemand das Buch so aufmerksam gelesen hat, auch ihr und der Leser erfahrt viel mehr über den Autor (und sein Werk) und darum geht es ja schließlich: den Autor kennenzulernen.
Schummeltipp: Wenn ihr mal nicht wisst, was ihr einen Autor fragen sollt, lasst euch vom Autor selbst ein paar Themenvorschläge reichen. Vielleicht gibt es ja etwas, worüber er oder sie schon immer mal schreiben wollte, aber nie gefragt wurde.
3. Miteinander statt plumper Fragenkatalog
Ein richtig gutes Interview ist eines, das auf die Antworten auch eingeht. Deshalb finden Interviews für Zeitungen und Magazine immer als persönliches Gespräch oder wenigstens am Telefon statt. Um die wirklich interessanten Details, die euer Interview von den bisherigen und zukünftigen Interviews mit dem Autor unterscheidet, zum Vorschein zu bringen, gibt es nicht die eine richtige Frage. Aber es gibt immer die eine richtige Nachfrage!
Damit die Antwort nicht zu lang wird und man beim Thema bleibt, deuten Autoren viele Aspekte oder komplexere Themen nur an. Jetzt seid ihr gefragt, denn genau in diesen angeschnittenen Themenkomplexen steckt die eigentliche Goldgrube für euer Interview. Also fragt danach, macht euch Gedanken und traut euch auch mal Schlüsse zu ziehen oder Thesen aufzustellen und diese dem Autor vorzuhalten. Der Vorteil daran ist, dass sich solch ein Interview auch für den Leser viel besser liest, wie ein natürliches Gespräch eben statt dem nächsten Auszug aus dem Poesiealbum.
Da Autoren und Blogger selten die Gelegenheit haben, sich zu einem Kaffee zusammenzusetzen oder vielleicht wie ich an der Telefonphobie leiden, kann man übrigens auch chatten. Das ist nicht ganz so gut wie das Original, weil der Autor hier die Gelegenheit hat, drölfzigmal seine Antwort umzuschreiben, statt spontan zu antworten, aber alles in allem ist es die beste Alternative.
Schummeltipp: Was sich übrigens auch bewährt hat, ist ein persönlicher Fragenkatalog (siehe Recherche), der dann aber ein paar Mal hin und her geht, weil man Fragen anpasst, andere einschiebt und so ein bisschen mehr aufeinander eingeht.
4. Habt Spaß!
Ich glaube, das kann man gar nicht genug sagen. Wenn ihr die obigen Tipps beherzigt, werdet ihr wahrscheinlich schon am Interviewprozess generell deutlich mehr Spaß haben, als wenn es nur darum geht, die Antworten des Autors und eure Fragen in die Webseite einzupflegen. Aber natürlich kann man das Ganze auch hin und wieder mal auflockern, zum Beispiel, indem man den Autor mit alternativen Fragen aus seiner Comfort Zone lockt. Z.B. „Mit welcher Farbe der Autor seine Bücher beschreiben würde.“
Eine schöne Abwechslung für zwischendurch kann auch ein Flash-Interview mit knackigen Entweder-Oder-Fragen sein. Allerdings laufen diese Art Interview oft Gefahr, dass man eigentlich nicht wirklich etwas über Autor und Buch erfährt. Oder habt ihr schon mal ruhiger schlafen können, weil ihr jetzt wisst, dass der Autor lieber Gänseblümchen statt Rosen mag?
Auch kreative Ansätze können zu wirklich interessanten Interviews führen. Zum Beispiel lädt Elea Brandt die Figuren anderer Geschichten auf ihre virtuelle Couch ein und interviewt diese sehr eingehend zu ihrem Seelenleben. Das macht natürlich neugierig auf das Buch und gibt dem Autor Gelegenheit, sich noch mal ganz intensiv mit seiner Figur zu beschäftigen. Vielleicht nehmt ihr aber auch die Rolle des Protagonisten an und fragt den Autor, was zur Hölle er sich dabei gedacht hat. Wie ihr seht, Möglichkeiten gibt es viele.
Schummeltipp: Schaut doch mal bei anderen, welche Formate ihr witzig und cool fandet und nutzt diese als Inspiration.
5. Über den Tellerrand schauen
Autoren rät man gerne, dass sie neben dem Schreiben auch viel lesen sollen, besonders in ihrem Genre, um zu sehen, was kommt gut an, was existiert überhaupt und wo kann man vielleicht seine eigene Nische finden. Ich bin der Meinung, das Gleiche kann man auch auf Interviews anwenden. Mein letzter Tipp ist also, die Interviews anderer Blogger oder Autoren zu lesen und zu überlegen, warum euch ein bestimmtes Interview eigentlich gefallen hat. Warum hattet ihr Spaß am Lesen? Oder auch, warum habt ihr weitergeklickt?
Und damit das Ganze nicht so trocken ist, hier ein paar Beispiele von Interviews, die mir besonders gut gefallen haben. Da wäre zum Beispiel Darkstars Fantasy News Interview mit Kendara Blake, in dem man gleich von der ersten Frage an merkt, der Interviewer kennt das Buch, er hat sich mit der Autorin beschäftigt und er baut auch eine Verbindung zwischen sich und der Autorin auf.
Ähnlich macht es Mona Seiffert zum Beispiel im Interview mit Alana Falk. Zwar fängt sie mit einer Standardfrage zum Warmwerden an, dann jedoch beweist sie, wie tiefgehend sie sich mit Buch und Person beschäftigt hat. Das Schöne bei ihren Interviews ist, dass sie ihre Interviews thematisch aufbaut, indem sie sich im Voraus einen besonderen Aspekt der Autorin heraussucht, wie in diesem Fall Alanas Pseudonyme.
Oben schon erwähnt, führt Elea Brandt keine Interviews mit den Autoren, sondern mit den Charakteren wie hier mit Azzael aus Höllisches Intermezzo von Bo Leander. Damit gelingt es ihr, ganz nah an die Figuren heranzukommen und ihnen sogar das ein oder andere Geheimnis zu entlocken. Das Spannende ist, dass sie das Interview aufgrund ihrer Ausbildung mit Fakten zu den psychologischen Eigenheiten der Figuren unterlegt. So lernt man gleich noch etwas.
Zum Schluss ein Interview mit meiner Wenigkeit bei Leserkanone.de, das ich hier reinnehmen will, weil es mich wirklich überrascht hat, denn ich hatte um das Interview gebeten, nicht anders herum. Umso erstaunter war ich dann, als ich die Fragen zurückerhielt, welche zeigten, dass sich die Interviewerin vorher intensiv mit meiner Webseite und meinen Büchern auseinander gesetzt hat. Da wurden Sachen gefragt, auf die mich noch nie jemand angesprochen hat und Verbindungen gezogen, die mich echt ins Grübeln gebracht haben.
Schummeltipp: Fragt mal in Gruppen oder eure Follower, welche Interviews sie besonders gut fanden.
Ich hoffe, dieser Beitrag konnte euch ein paar Tipps und Tricks geben, wie ihr aufregende und spannende Autoreninterviews führt. Jetzt würde ich gerne wissen, welche Art Interview ihr gerne lest und welche Interviews euch am meisten begeistert haben. Schickt mir gerne eure Links in den Kommentaren.
Eure Janna
Disclaimer: Dieser Beitrag beruht gänzlich auf meinen persönlichen Erfahrungen und Empfindungen bezüglich der bisher mit mir geführten Interviews, sowie Hinweisen aus der Zeitungsbranche aus dem Bürgerjournalismus-Seminar des Futuriums letzten November.
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